Flutkatastrophe als Auslöser von Harninkontinenz bei Kindern
Inkontinenz im Schlaf gehört zu den häufigsten chronischen Erkrankungen im Kindesalter. Etwa 7–15% der Altersgruppe der 7-Jährigen sowie etwa 5% der 10-Jährigen sind von der sogenannten primären Enuresis nocturna betroffen - Jungen doppelt so häufig wie Mädchen. Doch was ist die Ursache für das nächtliche Einnässen?
Enuresis nocturna als Folge psychosozialer Belastungssituationen
Häufig ist nächtliches Einnässen (Enuresis) die Folge psychosozialer Belastungssituationen bei Verlustängsten oder durch lebensbedrohliche Ereignisse - wie der schweren Flutkatastrophe im Juli 2021. Hochwasser und Überschwemmungen verursachten gewaltige Schäden in Nordrhein-Westfalen, Mittel- und Süddeutschland, so auch in Eschweiler. Am St.-Antonius-Hospital zerstörten die Wassermassen das gesamte Untergeschoss des Aachener (RWTH) Lehrkrankenhauses.
Doch finanzielle Schäden sind nicht alles: Vor allem die Kinder der Region sind in Folge der Naturkatastrophe enormen psychosozialen Belastungssituationen ausgesetzt. Diese haben großen Einfluss auf das psychologische Wohlbefinden und Selbstbewusstsein der betroffenen Kinder. Diesen Kindern soll mit dem Förderprojekt der Stiftung KinderHerz geholfen werden.
Moderne Technik als Teil eines multimodalen Therapiekonzepts
Mit dem Förderprojekt verfolgt Prof. Dr. med. Joachim Steffens, Chefarzt der Klinik für Urologie und Kinderurologie am St.-Antonius-Hospital und Leiter des Förderprojekts, gemeinsam mit seinem Team mehrere Ansätze. Zum einen sollen spezifische Fort- und Weiterbildungsprogramme Pflegekräfte und das ärztliche Personal auf die richtigen Therapiemaßnahmen vorbereiten. Zum anderen soll den betroffenen Kindern unter Einsatz moderner Medien (u.a. Tablets und Smartwatches) ein multimodales Therapiekonzept angeboten werden. Dabei soll gezieltes Beckenbodentraining die körpereigenen Selbstwahrnehmung verbessern, die psychosozialen Belastung mindern und das Selbstwertgefühl betroffener Kinder erhöhen.
Wie bei der 8-jährigen Lena. Das Mädchen leidet an Blasenentleerungsstörungen und wiederkehrenden Harnwegsinfektionen aufgrund erhöhten Beckenbodenkrampfes beim Wasserlassen. Durch Erlernen einer entspannten Blasenentleerung mit Hilfe eines apparativen Biofeedbackverfahrens sollte dem Kind unter fachlicher Anleitung geholfen werden. Dabei wird Lena der Beckenbodenkrampf beim Wasserlassen auf einem Tablet gezeigt, damit sie sieht, was in ihrem Körper passiert. Dieses Gerät wurde jedoch durch die Flut zerstört, so dass Lenas Behandlung nicht fortgesetzt werden kann.
Ihre Hilfe kommt an: Der aktuelle Projektstand
Update: Nach der Integration der Klinik in das Hauptgebäude des Krankenhauses kann seit Oktober 2021 wieder eine kinderurologische Sprechstunde zur Behandlung der bettnässenden Kinder angeboten werden. Eine urodynamische Funktionsdiagnostik mit Harnstrahlmessung und simultanem Beckenboden-EMG wurde angeschafft und kann gezielt zur Abklärung von Blasenfunktionsstörungen eingesetzt werden. Die Untersuchungstechnik wurde nach der Flutkatastrophe neu etabliert.
Ausblick: In den nächsten Monaten erfolgt der Ausbau der kinderurologischen Untersuchungsmethoden. Die Anschaffung ergänzender Untersuchungsmaterialien zur Diagnostik der kindlichen Blasenentleerungsstörungen ist geplant. So ist eine Versorgung einnässender Kinder gewährleistet, die durch die Flutkatastrophe psychosomatisch geschädigt wurden.
Sie wollen mehr tun? Wir unterstützen Sie aktiv!
Wir legen viel Wert auf den persönlichen Kontakt. Zögern Sie nicht, uns bei Fragen oder Anregungen zu kontaktieren.
Sie möchten Informationen zu einem anderen Projekt in Ihrer Region? Gerne erzählen wir Ihnen mehr über Wissenschaft, Vision und Zukunftsaussichten auch in Ihrer Nähe und wie Sie Teil davon werden können.
Roland Marzoch freut sich auf Ihren Anruf.