Jesaja – Ein echtes Wunder

Sechs Stunden des vollkommenen Glücks – so beschreibt Laura Hertel die erste Zeit nach der Geburt ihres Sohnes. „Auf welche Reise uns das Leben noch schicken wird, konnten wir damals nicht im Entferntesten ahnen.“ Denn Jesaja hat einen schweren Herzfehler, der die Welt der kleinen Familie vollkommen auf den Kopf stellt.

 Nach einer unbeschwerten und unauffälligen Schwangerschaft erblickt Jesaja vor fünf Jahren in Detmold das Licht der Welt – eine reibungslose Geburt ohne Komplikationen. „Alles war genauso, wie es sein sollte“, erinnert sich Laura Hertel. „Jesaja sah aus wie ein gesundes Kind, kräftig und rosig. Nichts deutete darauf hin, dass etwas nicht in Ordnung ist.“

Ein dramatischer Start ins Leben

Sechs Stunden genießen die jungen Eltern mit ihrem Sohn ihr Familienglück – wertvolle Momente voller Freude und Liebe. „Rückblickend war das wie die Ruhe vor dem Sturm, der noch über uns hereinbrechen sollte“, sagt Laura Hertel. Eine routinemäßige Sauerstoffmessung des Neugeborenen ergibt plötzlich eine alarmierend niedrige Sättigung von nur 70 Prozent. „Das konnte sich niemand erklären und immer wieder wurde neu gemessen, aber es blieb dabei.“ Umgehend wird Jesaja auf die Intensivstation verlegt. Schnell steht eine erste Diagnose im Raum: Die Ärzte vermuten, dass er ein Loch in seinem kleinen Herzen hat. Da die Klinik nicht auf solche Komplikationen spezialisiert ist, wird Jesaja sofort in das nahegelegene Kinderherzzentrum Bad Oeynhausen gebracht. „Wir haben gar nicht begriffen, was da gerade geschah. Mit aller Kraft haben wir uns an die Hoffnung geklammert, dass es nicht so schlimm ist, wie es sich anhört.“

Ein kleines Herz mit vielen Fehlern

In Bad Oeynhausen werden die Eltern mit der harten Realität konfrontiert: „Überall waren Kabel und Monitore – sein kleiner Köper war kaum noch zu sehen hinter all der Technik. Dieser Anblick hat uns eiskalt erwischt, denn in dem Moment wurde uns klar, dass es wirklich ernst ist.“ Die nächsten Tage und Wochen sind geprägt von Untersuchungen – dann folgt Befund auf Befund. Die Spezialisten stellen mehrere komplexe Fehlbildungen fest: Jesaja hat zwei Löcher in seinen Herzwänden, sogenannte Vorhof- und Ventrikelseptumdefekte. Hinzu kommt noch eine Pulmonalatresie, das bedeutet, seine Lungenschlagader ist nicht richtig entwickelt und hat keinen Kontakt zur rechten Kammer, aus der sie eigentlich entspringen soll. Und auch die von der Lunge ausgehenden Venen sind falsch gelagert und nicht wie üblich mit der linken Herzkammer zusammengewachsen, was seinen gesamten Blutkreislauf durcheinanderbringt. Ein Schock für Laura Hertel und ihren Mann Isak. „Die Gewissheit, dass unser Kind so schwer krank ist, hat uns bis ins Mark erschüttert.“ Eine Operation ist zu diesem Zeitpunkt nicht möglich, da Jesajas Herz noch viel zu klein und sein Körper zu schwach ist. „Es ging jetzt erst einmal darum, ihn mit Medikamenten am Leben zu halten und Zeit zu schinden, bis er stabil genug war für so einen komplexen Eingriff.“

Die Wochen vergehen, jeder Tag ein neuer Kampf, um Jesaja zu stärken und auf die bevorstehende Herausforderung vorzubereiten. Eine kräftezehrende Zeit voller Ängste und Tränen. „Aber wir haben uns gut aufgehoben gefühlt in der Klinik. Medizinisch, aber vor allem menschlich. Die Ärzte und das Pflegepersonal hatten immer Zeit für unsere Fragen und haben unsere Sorgen ernstgenommen.“ Großen Halt gibt den Eltern auch ihr Glaube: „Ich habe nie die Hoffnung aufgegeben, sondern habe immer darauf gebaut, dass Gott seine schützende Hand über Jesaja hält: Ich war mir sicher, dieses Kind wird leben und wir werden irgendwann gemeinsam mit ihm das Krankenhaus verlassen.“

Wenn der Glaube Berge versetzt

Und dann ist es endlich so weit: Nach zwei Monaten ist Jesaja kräftig genug für die erste lebensrettende Operation. „Das war nach der langen Ungewissheit ein erster Lichtblick, aber natürlich hatten wir auch eine Riesenangst.“ Die Zeit der OP ist für die Eltern quälend lang: „Acht Stunden zwischen Hoffen und Bangen. Acht Stunden, in den das Leben unseres Sohnes in den Händen der Ärzte lag – und wir nicht mehr tun konnten, als für ihn zu beten. Und Gott hat uns gehört: Zwar konnten nicht alle Defekte behoben werden, aber die Spezialisten haben alles repariert, was möglich war, ohne ihn zu gefährden“, sagt Laura Hertel voller Dankbarkeit: Durch eine sogenannte Fontan-Operation kann der fehlgebildete Herzkreislauf stabilisiert werden, indem ein Shunt gelegt und die Pulmonalaterie aufgebaut wird.

In den drei Wochen nach der OP erholt sich Jesaja von den Strapazen des Eingriffs an seinem kleinen Herzen, alles sieht gut aus und die Familie freut sich darauf, die Klinik bald zu verlassen. Doch eine ernüchternde Nachricht macht ihnen einen Strich durch die Rechnung: Am geplanten Entlassungstag finden die Ärzte im Abschlussecho einen Thrombus in der oberen Hohlvene, eine lebensbedrohliche Komplikation. „Wir waren so glücklich, dass Jesaja die Operation ohne größere Probleme überstanden hat und wir ihn nun endlich mit nach Hause nehmen dürfen, und dann hing ganz plötzlich alles doch wieder am seidenen Faden.“ Denn weil ein Blutgerinnsel eine potenziell tödliche Gefahr darstellt, musste Jesaja zur Beobachtung weiterhin in der Klinik bleiben und täglich Thrombosespritzen über sich ergehen lassen: „Er hat in dieser Zeit ganz stark angefangen zu fremdeln und wollte niemanden mehr an sich heranlassen. Also habe ich mir vom Pflegepersonal zeigen lassen, wie man die Spritzen richtig setzt und ihn jeden Tag selbst gepikst: Das war so wichtig für mich und für Jesaja, dass ich aktiv in die Behandlung eingebunden wurde und meinem Sohn helfen durfte.“ Nach einer Woche ist der Thrombus dann auf einmal nicht mehr zu sehen: „Niemand konnte uns sagen, warum er sich so schnell aufgelöst hat – medizinisch zu erklären war das nicht. Es war ein echtes Wunder:  Wir haben so sehr auf eins gehofft und es bekommen. Manchmal kann der Glaube eben doch Berge versetzen.“ Nach vielen Höhen und Tiefen können Laura und Isak Hertel mit ihrem Sohn endlich das Krankenhaus verlassen.

Ein kleines Leben in akuter Gefahr

Nach den langen Monaten im Mikrokosmos Klinik ist die erste Zeit zuhause nicht ganz einfach für die kleine Familie: „Wir waren zum ersten Mal auf uns gestellt, ganz ohne Sicherheitsnetz und plötzlich allein mit allen Ängsten, die es mit sich bringt, wenn man ein herzkrankes Kind hat. Aus Sorge, etwas falsch zu machen und ihn wieder zu verlieren, haben wir Jesaja wie ein rohes Ei behandelt. Aber mit jedem Tag haben wir uns mehr auf diesen kleinen Menschen eingelassen und gemeinsam mit ihm sind wir an den Herausforderungen gewachsen.“ In seinem ersten Lebensjahr macht Jesaja große Fortschritte – durch die liebevolle Förderung seiner Eltern entwickelt er sich zu einem klugen Kind, ein Sonnenschein, der seine Eltern immer wieder mit seiner Intelligenz und Empathie überrascht.  „Alles war ganz wunderbar, aber es schwebte eben auch immer dieses Damoklesschwert einer zweiten Operation über uns, in der der eingesetzte Shunt wieder entfernt, die obere Hohlvene vom Herzen gekappt und an die Lunge angeschlossen und die Lungenvenenfehlmündung korrigiert werden sollten.“

Als Jesaja ein Jahr alt ist, wird dieser Eingriff terminiert und die Familie bereitet sich darauf vor. Doch die geplante OP muss wegen eines Infektes verschoben werden: „Jesaja ging es zusehends schlechter, er wurde immer schlapper, hatte große Probleme beim Atmen und seine Sauerstoffsättigung wurde konstant niedriger.“ Drei Monate zittern die Eltern, bis der Eingriff endlich wie geplant stattfinden kann – gerade noch rechtzeitig. Bei der Voruntersuchung stellt sich nämlich heraus, dass seine Sättigung nur noch bei 40 Prozent liegt und sich sein Blut durch den langen Sauerstoffmangel verdickt hat: Er schwebt in akuter Lebensgefahr. 12 Stunden kämpfen die Ärzte in Bad Oeynhausen um Jesajas Herz – für die Eltern ist das Warten kaum zu ertragen. „Im Vergleich dazu war die erste OP ein Spaziergang“, blickt Laura Hertel zurück. Um zwei Uhr nachts werden sie erlöst: „Er hat alles gut überstanden, aber durch den geringen Sauerstoffgehalt war der Druck in der Lunge sehr hoch und es bestand die Gefahr, dass sie kollabiert. Daher waren die Ärzte nur vorsichtig optimistisch, ob er es schafft.“ Lange liegt Jesaja im Koma, mit einer speziellen Stickstofftherapie versuchen die Mediziner, seine Lunge zu weiten. „Als ich ihn auf der Intensivstation sah, war für mich am schlimmsten, dass der Thorax anfangs noch offen war. Natürlich lag da ein Verband drüber, aber ich konnte sein kleines Herzchen darunter schlagen sehen. Er sah so unglaublich verwundbar aus. Dass ich ihn davor nicht beschützen konnte, hat mich fast zerrissen.“ Aber wieder überrascht Jesaja alle mit seiner Genesung: Die Therapie schlägt an und seine Sättigung wird von Tag zu Tag besser. Nach 14 Tagen wird er extubiert und nur eine Woche später auf die normale Station verlegt. „Dass er sich so schnell stabilisiert hat, grenzt wieder an ein Wunder.“

Ein tapferes Kämpferherz

Heute ist Jesaja fünf, und außer der Narbe auf der Brust erinnert nichts mehr daran, dass er in seinem ersten Lebensjahr so viel ertragen musste. „Wenn wir sehen, wie er mit seinem Laufrad durch die Gegend düst, mit seinem kleinen Bruder Levi auf dem Trampolin herumspringt oder im Kindergarten mit seinen Freunden Fußball spielt, können wir es manchmal kaum fassen, was wir für ein großes Glück haben, dass uns dieser großartige Junge geschenkt wurde.“ Nur in stillen Momenten kommt die alte Angst wieder hoch. Immer dann, wenn Laura und Isak Hertel daran denken, dass in ein paar Monaten noch ein weiterer Eingriff notwendig ist, um auch die untere Hohlvene an die Lunge anzuschließen. „Aber wir haben schon zweimal erlebt, dass nicht nur die Medizin wahre Wunder vollbringen kann: Wir sind uns sicher, dass Gott auch bei dieser OP an Jesajas Seite ist, weil er noch große Pläne mit unserem tapferen Sohn hat.“

Jesaja – ein Sonnenschein mit ganz viel Lebensfreude.

Ein starkes Vorbild für seinen kleinen Bruder Levi.

Der Glaube gibt der Familie Kraft für die Zukunft.

Die ganze Familie im Fokus

Ein angeborener Herzfehler ist oft eine langwierige Erkrankung, die nicht nur die kleinen Patienten stark beeinträchtigt, sondern auch die Eltern und Geschwister jeden Tag beschäftigt. Sie machen sich Sorgen um das kranke Kind, haben natürlich Angst oder fühlen sich überfordert. Um Familien in dieser schwierigen Lebenssituation zu stärken und diese große Belastung aufzufangen, legt das Herzzentrum Bad Oeynhausen im Rahmen einer von der Stiftung KinderHerz finanzierten Studie den Fokus gezielt auf eine ganzheitliche familienorientierte Versorgung: Die Familien werden aktiv in den medizinischen Prozess eingebunden und psychologisch begleitet, um gemeinsam Lösungen für auftretende Probleme zu finden. Diese Herangehensweise, die bisher in Deutschland nur an wenigen Orten umgesetzt wird, bietet zahlreiche Vorteile. Durch die familiäre Betreuung kann der enorme Stress, den die herzkranken Kinder und ihre Familien im Alltag oft erleben, deutlich reduziert werden. Und das wirkt sich positiv auf den Heilungsverlauf aus und verbessert die Aussichten der kleinen Patienten auf ein erfülltes und gesundes Leben.

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