Vanessa und der Boxweltmeister - anderthalb fitte Herzen

Fahrrad fahren ist gesund! Auch für Herzkinder. Vanessa, die mir nur einem halben Herzen auf die Welt kam, und Ünsal Arik, Boxer und Autor ("Vegboxen"), unterziehen sich dem Leistungstest - auf speziellen Ergometern im Deutschen Herzzentrum Berlin.

Vanessa trainiert fleißig

Fit und in Form - das ist ein gutes Ziel. Profisportler wissen, wie wichtig es ist, regelmäßig in Bewegung zu sein. Für Herzkinder gilt das ebenso: Bewegung ist gut und gesund.

Herzkind und Profisportler strampeln auf dem Ergometer

Die Begrüßung ist herzlich, der Händedruck zunächst zaghaft schüchtern. Einem Boxweltmeister begegnet man nicht alle Tage. In einem kleinen Behandlungszimmer im Deutschen Herzzentrum Berlin stehen die beiden Fahrrad-Ergometer schon bereit. Vanessa schwingt sich als Erste in den Sattel. Sie hat Heimspiel und tritt motiviert in die Pedale. Profiboxer Ünsal Arik kennt die Geräte zur Leistungsdiagnostik ebenfalls aus seinem Boxtraining. Er ist heute als Botschafter der Stiftung KinderHerz dabei.

Ihr Sportlehrer konnte kaum glauben, was Vanessa innerhalb weniger Monate vollbracht hat. Ihre Oberschule in Berlin-Marienfelde veranstaltet jedes Jahr einen Schülerlauf. In der siebten Stufe ging Vanessa abgeschlagen als Letzte über die Ziellinie. Im Schritttempo. Ein Jahr später beendete sie die Vier-Kilometer-Strecke joggend inmitten ihrer Klassenkameraden. Die 15-Jährige hat nur ein halbes Herz.

Für Herzkinder ist Sport wichtig - für Körper und Geist

„Das ist beachtlich!“, lobt Professor Stanislav Ovroutski. „Es gibt sehr wenige Menschen mit einem komplexen angeborenen Herzfehler, die zu so einer Leistung imstande sind“, erklärt der Kinderherz-Experte vom Deutschen Herzzentrum Berlin (DHZB). In seinem weltweit einzigartigen Projekt "Herz-Lungen-Training für herzkranke Kinder und Jugendliche" möchte sein Team in Zukunft mehr jungen Herzpatienten ähnlich große Fortschritte ermöglichen wie Vanessa. In Teil 2 geht das Projekt vom individuellen Einzeltraining zum Gruppentraining der Kinder und Jugendlichen mit angeborenem Herzfehler über.

Ein spezielles Herz-Lungen-Training hat die körperliche Belastbarkeit der Schülerin stark verbessert – vom Selbstwertgefühl ganz zu schweigen. „Für Herzkinder ist Sport wichtig, sogar notwendig“, betont Prof. Ovroutski. Die Stiftung KinderHerz fördert sein Forschungsprojekt am DHZB.

Vier Operationen in den ersten vier Lebensjahren - Vanessa kämpft weiter

Eins von 100 Neugeborenen in Deutschland kommt mit einem Herzfehler auf die Welt. Herzfehler sind damit die häufigste Organfehlbildung. Oft müssen sich betroffene Kinder bereits wenige Tage nach der Geburt lebensrettenden Operationen unterziehen. Auch bei Vanessa war das so. Sie hatte nur eine Herzkammer, in der sich sauerstoffarmes und sauerstoffreiches Blut vermischten. Die Kammer, die verbrauchtes Blut zur Lunge pumpt, fehlt. Ihr Körper wurde nicht ausreichend versorgt. Nach der Geburt liefen Vanessas Fingernägel und Lippen blau an. Ein Alarmsignal.

Am Deutschen Herzzentrum Berlin wurde Vanessa bis zu ihrem vierten Lebensjahr viermal operiert. Elf Tage lag sie nach der letzten, dramatischen OP im künstlichen Koma. Bis dato konnte das Mädchen kaum laufen. „Ich kann nicht glauben, dass ich das bin, wenn meine Mutter mir Bilder von damals zeigt“, sagt die Schülerin.

Vanessa ist ehrgeizig und motiviert

Im April 2018 startete das neues Herz-Lungen-Training am DHZB - speziell für Patienten mit Einkammer-Herzen. Vanessa war die erste Teilnehmerin. „Fünfmal pro Woche trainiere ich auf dem Fahrrad-Ergometer“, erklärt sie. Neben ihr strampelt Ünsal fleißig weiter. Nicht zu schnell, bremst Dr. Ovroutski den Boxer: „Vanessa trainiert auf submaximalem Niveau, unterhalb ihrer Leistungsgrenze, um ihre Ausdauer zu verbessern. Das stärkt nicht nur ihr Herz, sondern durch ein gezieltes Atemtraining auch ihre Atemmuskulatur. Das senkt den Widerstand der Lungengefäße und optimiert so die Lungendurchblutung.“

„Meistens trainiere ich abends“, erzählt die Schülerin. „Dabei schaue ich zum Beispiel Youtube-Videos.“ Alle sechs Monate wird die Schwierigkeitsstufe individuell erhöht. Das Trainingsgerät steht zu Hause im Wohnzimmer. Die Stiftung KinderHerz hat dies – wie bei vielen anderen Herzpatienten - ermöglicht.

Ünsal Arik: „Vanessa ist mein Vorbild!“

„Die bisherigen Ergebnisse sind wunderbar“, freut sich Prof. Ovroutski. „Wir wollen Herzpatienten wie Vanessa eine Perspektive bieten“, sagt der Kinderkardiologe. Der soziale Aspekt ist ihm wichtig: „Wir zeigen ihnen, zu was sie fähig sind. Dass sie keine Außenseiter sind. Dass sie eine Ausbildung machen und eine Familie gründen können.“

„Vanessa kämpft gegen einen Gegner, der viel größer ist als jeder meiner Gegner im Boxring“, sagt Ünsal. „Eigentlich sollte sie dafür einen Championstitel bekommen. Vanessa ist mein Vorbild.“

Vanessa möchte auch ohne Auszeichnung weitermachen. Sie spürt den Fortschritt - und sie hat Ziele: erst der Mittelschulabschluss, dann das Abitur. Das Herz-Lungen-Training ist ein Lebensprojekt.

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