Studienbedingungen wie bei Astronauten
Das Leben vieler Herzpatienten und ihrer Familien ist in Folge der Fontan- OP bestimmt von Unsicherheit. Ein Faktor dafür ist die unzureichende Datenlage zur körperlichen Belastbarkeit von Fontan-Patienten in Höhensituationen. Die Höhenstudie des Universitätsklinikums Bonn am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) soll diese Datenlage verbessern, um Betroffenen und Familien so konkrete Handlungsempfehlungen geben zu können.
Am Forschungszentrum „:envihab“ des DLR wird der Aufenthalt von Probanden mit Fontan-Zirkulation in größerer Höhe simuliert. Wo normalerwerweise Astronauten der Europäischen Space Agency (ESA) für bevorstehende Weltraummissionen durchgecheckt werden, misst das Team der Bonner MedizinerInnen Dr. Nicole Müller und Dr. Julian Alexander Härtel im Rahmen der Studie die Körperreaktion von Fontan-Patienten auf Höhenunterschiede. Eine Nacht lang werden die Probanden überwacht und Daten zum Blutfluss und zur Gehirndurchblutung erhoben. Die Leistungsfähigkeit und mögliche Einschränkungen durch unzureichende Sauerstoffzufuhr werden mit Hilfe der sogenannten Spiroergometrie getestet. Im Schlaf werden zudem verschiedene Schlafparameter in einem diagnostischen Verfahren gemessen und dokumentiert. Das ermöglicht direkte Rückschlüsse auf die Sauerstoffversorgung, die Schlafqualität und Atmung der Patienten.
Fontan-Patienten wie Christian sollen von den Studienergebnissen profitieren.
Dort wo sich normalerweise Astronauten wie Matthias Maurer auf Missionen vorbereiten, findet die Höhenstudie statt.
Digital überwacht: An den Monitoren werden die Studiendaten nachverfolgt.
Seite an Seite für die Herzmedizin: Die Stiftung KinderHerz und das DLR.
Klare Antworten für Fontan-Patienten im Blick
Das Projekt hat das Ziel, Patienten mit einer nur unvollständig ausgebildeten oder sogar fehlenden Herzkammer, eindeutige Antworten und Empfehlungen an die Hand zu geben, wie sich ihr Körper bei Sauerstoffmangel in größerer Höhe verhält. Welche Höhe ist unbedenklich und wo beginnt evtuell eine kritische Phase? Worauf sollte ich als Fontan-Patient achten und was ist unbedenklich?
Im besten Fall kann die Höhenstudie des Universitätsklinikums Bonn und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt dazu beitragen, Bedenken auszuräumen und die Lebensqualtiät der Fontan-Patienten zu steigern. Dann steht auch Herzpatienten mit Fontan-OP für einen unbeschwerten Aufenthalt in den Bergen oder eine Flugreise nichts mehr im Wege.
Davon zeugt auch eine weitere zugehörige Studie, die das Universitätsklinikum Bonn (UKB) mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und weiteren Kooperationspartnern durchgeführt hat. Durch sie konnte nachgewiesen werden, dass ein längerer Höhenaufenthalt von 24 bis 30 Stunden von den Betroffenen toleriert wird. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Circulation“ erschienen.
Ihre Hilfe kommt an: Der aktuelle Projektstand
Update: Die Studienphase ist abgeschlossen. Die 18 Probanden (im Alter von 16-40 Jahre) hielten sich jeweils in Dreiergruppen für 4 Tage gemeinsam mit dem Team in einem Modul mit mehreren Einzelzimmern, einem gemütlichen Wohn- und Essraum, einer eigenen Küche und zahlreichen Untersuchungsräumen auf. Das Besondere an dieser „Wohngemeinschaft“ ist, dass man das gesamte Modul in eine Höhenumgebung umwandeln kann. Dies geschieht durch Entzug von Sauerstoff bei gleichen Druckverhältnissen, so dass in diesem Fall die Luftzusammensetzung eines 2.500 m hohen Berges simuliert wird, die ebenfalls den Verhältnissen in einer Kabine eines Passagierflugzeuges in maximaler Reiseflughöhe entspricht. Während des Aufenthaltes wurden zahlreiche Untersuchungen durchgeführt, die anfangs in normaler Raumluft und dann für die letzten 36 Stunden in sauerstoffarmer simulierter Höhenluft, stattfanden. Die Patienten/Innen waren von der Umsetzung begeistert.
Ausblick: In den nächsten Monaten werden die Ergebnisse ausgewertet. Dabei erhoffen sich die Wissenschaftler Erkenntnisse darüber, ob und in welchem Ausmaß, die Sauerstoffarmut zu Veränderungen der Flusseigenschaften des Fontan-Kreislaufs geführt hat. Zudem wird analysiert, ob es überdurchschnittliche Auswirkungen auf die Sauerstoffsättigung, die Belastbarkeit in der Höhe, das Schlafverhalten und das allgemeine Wohlbefinden der Patienten hat. Denn durch die fehlende Herzkammer kann ein Druckanstieg in der Lunge, der durch Sauerstoffarmut entstehen kann, nicht in normalem Maße, wie es bei gesunden Menschen der Fall ist, ausgeglichen werden. Die möglichen Folgen wären Luftnot, Kreislaufprobleme und eine schlechtere Herzfunktion.